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Habt ihr schon einmal einen längeren Text geschrieben und diesen dann wieder verworfen? Nein? Macht es mal, das ist ein echtes Erlebnis. X.x
So ging es mir gestern mit dem Text, den ich zur Maischberger-Sendung vom Dienstag angefangen habe. Knapp zwei Word-Seiten waren schon voll, als ich merkte, dass der Text erstens langweilig ist und zweitens gar nicht auf die Punkte eingeht, die mir wirklich wichtig sind. Und ein ganz großer ist:
WARUM zum Teufel muss eine Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts eigentlich überhaupt darüber diskutieren, ob sexuelle Vielfalt ein Thema sein darf oder nicht? Warum traut man Kindern und Jugendlichen eigentlich nicht zu, damit umgehen zu können, wenn man ihnen behutsam erklärt, dass es neben dem klassischen Familienbild (Mutter, Vater, Kind) auch noch andere Formen des zwischenmenschlichen Zusammenlebens gibt?
Überhaupt, warum wird so eine Diskussion nicht nur auf dem Rücken einer Minderheit, nämlich allen Menschen, die nicht heterosexuell sind, sondern quasi AUCH auf dem Rücken von Kindern ausgetragen? Kinder brauchen sicher auch eine gewisse Form von Schutz, vor allem sollte man Kinder aber als das behandeln, was sie sind, nämlich kleine Menschen, die erstaunlich mehr verstehen, als manch Erwachsener sich dies vielleicht vorstellt. Die vor allem nicht hunderte von Ignoranten brauchen, die „Schützt unsere Kinder“ grölend durch die Stuttgarter Innenstadt ziehen.
Viele sprechen im Zusammenhang mit dieser ganzen Diskussion um den Bildungsplan und die Stärkung der Interessen nicht-heterosexueller Menschen auch immer davon, dass es eine Überbetonung von Schwulen und Lesben gebe, dass diese schwul oder lesbisch seien. Ein Hetero würde dies ja auch nicht überall herum posaunen.
Ganz ehrlich: Schiebt euch diese Argumentation sonst wohin. Nicht-heterosexuelle Menschen sind ja geradezu dazu gezwungen, ihre Sexualität über zu betonen, wenn es in unserem Land Demonstrationen gegen Homosexualität gibt und Menschen wie Hartmut Steeb, der Generalsekretär der Evangelischen Allianz, sagt, er sei froh, dass keines seiner zehn Kinder (ganz schön fruchtbar, der Knabe. Aber als ich ihn gesehen habe, wollte ich mir die Frau dazu lieber nicht mehr vorstellen) homosexuell sei. Anders als mit dauerndem Ins-Bewusstsein-rufen scheint Toleranz und Akzeptanz in dieser Gesellschaft ja nicht zu erreichen zu sein.
Hera Lind sagte in der Maischberger-Sendung, die ganze Diskussion jetzt erinnere sie an die Anfänge der feministischen Bewegung vor 30 oder 40 Jahren, als auch die Rechte der Frauen immer wieder überbetont werden mussten; etwas, wovon heute nicht mehr viel übrig sei, da es selbstverständlich sei, dass Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer. Nun bin ich persönlich der Meinung, dass es viele Feministinnen immer noch gerne übertreiben (Hallo, Frau Schwarzer) oder in der Wahl der Mittel völlig danebengreifen (Hallo, Femen-Aktivistinnen), aber soweit ich das beurteilen kann (schließlich gab es mich vor 30 oder 40 Jahren noch nicht), hat Frau Lind Recht.
Dann möchte ich noch ganz kurz auf diese unsägliche Petition gegen den baden-württembergischen Bildungsplan eingehen und nur eine der schwachsinnigen Ansichten, die in dieser Petition vertreten werden, noch einmal richtig auseinander nehmen. Die Petition zeigt auf, dass die Suizidalität unter homosexuellen Jugendlichen deutlich höher sei und bringt dies in einen Zusammenhang mit der Homosexualität. Jens Spahn von der CDU bezeichnete dies in der Sendung als Verkennung der Kausalzusammenhänge. Ich drücke es etwas weniger nett aus: Derjenige, der die Petition verfasst hat, verfügt offensichtlich nicht über genügend Horizont, um abseits seines geschlossenen Weltbilds kausale Zusammenhänge zu erkennen. Diese Jugendlichen nehmen sich eben NICHT das Leben, weil sie homosexuell sind, sondern weil ihnen ein nicht gerade kleiner Teil einredet, dass Homosexualität nicht normal sei.
In dem Zusammenhang fällt mir noch eine kleine Anekdote ein, die sich erst vor wenigen Tagen ereignete. Es klingelte bei uns an der Tür, und der Gemeindepfarrer wollte mich in der Gemeinde begrüßen. Nun bin ich zwar auf dem Papier noch evangelisch, aber das liegt einfach daran, dass ich seit Jahren vergesse, mal zum Standesamt zu laufen und aus der Kirche auszutreten. Da ich aber prinzipiell jedem erst einmal offen gegenüberstehe, habe ich mich eine Zeitlang mit diesem Menschen unterhalten. Dann kam die Sprache auch auf den Bildungsplan und Homosexualität, und ich sagte, dass dieser Bildungsplan nur dazu dient, den Kindern endlich beizubringen, dass Homosexualität etwas völlig normales sei. Daraufhin wurde ich von ihm gefragt, ob ich das wirklich glaube, was ich bejahte. Er sagte, er glaube das nicht, woraufhin ich das Gespräch für beendet erklärte und die Tür schloss. Ist das nun intolerant, oder einfach nur die richtige Reaktion auf eine durchaus als homophob zu wertende Äußerung?
Ich verstehe es einfach nicht. Und es macht mich irre. Ehrlich. Hinterwäldlertum, Ignoranz und Intoleranz sind einfach Verhaltensweisen, die sich mir absolut nicht erschließen, gerade und besonders, wenn in der Maischberger-Sendung mit Jens Spahn ein CDU-Politiker sitzt, der aus einem erzkatholischen, konservativen Umfeld kommt und trotzdem von diesem akzeptiert wird, obwohl er homosexuell ist.
Ich hoffe ehrlich, dass wir in, sagen wir mal, zehn oder fünfzehn Jahren diese Diskussionen nicht mehr führen müssen. Es würde die Welt für alle wieder ein Stück lebenswerter machen.
Hebel sagte:
Es wird einfach zu wenig an die Kinder gedacht!
Denn im Gegensatz zu einem Kind in einer Vater-Mutter-Gruppierung, erleidet das in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung heranwachsende Kind eine gewisse Deprivationssituation, da ihm der enge Kontakt mit der Gegengeschlechtlichkeit verwehrt bleibt und somit eine Art Freiheitsentzug vorliegt.
Hirnphysiologische Gegebenheiten weisen auf die Bedeutung gegengeschlechtlicher Erziehung und damit auf die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit gegengeschlechtlicher Spiegelung für spätere Stressverarbeitung, Bindungsfähigkeit und emotionale Zwischenmenschlichkeit hin.
Eine wesentliche neurophysiologische Basis für dieses wichtige Verhalten stellen die so genannten Spiegelneuronen dar, welche zur Grundausstattung des Gehirns gehören. Sie geben bereits dem Säugling die Fähigkeit mit einem Gegenüber Spiegelungen vorzunehmen und entsprechen so dem emotionalen Grundbedürfnis des Neugeborenen. Man geht davon aus, dass diese Spiegelneurone zwischen dem 3. und 4. Lebensjahr voll entwickelt sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Fähigkeit zu spiegeln optimal und intensiv im familiären Bezugskreis (Mutter oder Vater) genutzt wird. Wie bei allen Nervenzellen im Entwicklungsstadium gegeben, gehen auch die Spiegelneuronen bei mangelnder Anregung zu Grunde („Use it or lose it“).
[siehe Kapitel „Kinder – Die Gefährdung ihrer normalen (Gehirn-) Entwicklung durch Gender Mainstreaming“ im Buch: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 4. erweiterte Auflage, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2014]
Florian K. sagte:
Hallo Hebel,
vielen Dank für deinen Kommentar, mit dem ich persönlich offen gestanden ein Problem habe: Er proklamiert, dass Kinder, die bei gleichgeschlechtlich lebenden Paaren aufwachsen, neurologische Schäden davon tragen. Das ist erstens absoluter Unsinn, und zweitens ziemlich hetzerisch. Gibt es denn außer des von dir zitierten Werks noch andere Studien, wissenschaftliche Arbeiten oder Dokumente, die diese These stützen? Falls nicht, muss ich leider davon ausgehen, dass dieses Buch von Menschen stammt, welche die Welt um sie herum noch weniger verstehen als ich und einfach nur aus Angst vor was auch immer gegen Homosexualität hetzen wollen.
Und dass ich DAGEGEN ganz sicher etwas habe, ist dem oben stehenden Text zu entnehmen.
Florian Frost sagte:
Zum Thema „Heteros betonen schließlich auch nicht ständig, dass sie heterosexuell sind“ – doch, genau das tun sie. Nahezu jeden Tag, in nahezu jeder Situation. Meist ohne jede böse Absicht. Aber Aussagen wie „Mein Mann kommt etwas später“, „Meine Frau kocht heute Abend Spaghetti“, „Am Wochenende war ich mit meiner Freundin feiern“ usw. sind Statements zur eigenen Sexualität. Jedes Händchenhalten eines Paares; jeder Kuss in der Öffentlichkeit ist ein Statement. Ich finde das überhaupt nicht schlimm. Aber ich finde, dass Homosexuelle ihre Orientierung genauso betonen dürfen. Warum zum Geier soll das jemandem schaden? Wir sind alles gleichwertige Menschen.
Florian K. sagte:
Guter Gedanke. Der ist mir seinerzeit beim Schreiben gar nicht gekommen. ^^